Dass Großeltern ihre Enkel sehen und mit ihnen Umgang haben, stellt sicher den Normalfall dar. In bestimmten Konstellationen, insbesondere wenn sich die Kindeseltern trennen oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Kindeseltern und Großeltern auftreten, kann es zu erheblichen Problemen beim Umgang mit den Enkeln kommen.
Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Eltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Umgang „dient“ dem Wohl des Kindes, wenn die Aufrechterhaltung des Umgangs für die Entwicklung des Kindes förderlich ist.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem Streitfall zu entscheiden, ob Großeltern mit ihren Enkeln Umgang pflegen können (BGH, Beschluss vom 12.07.2017, Aktenzeichen XII ZB 350/16). Dieser Entscheidung des BGH lag – stark verkürzt – folgender Sachverhalt zu Grunde: Zwei Kinder im Alter von 11 und 9 Jahren leben bei ihren leiblichen Eltern. Zunächst fanden regelmäßige Umgangskontakte mit den Großeltern statt. Dies allerdings nur bis ins Jahr 2009 hinein. Ab dem Jahr 2011 kam es nochmals zu Umgang, nachdem die Großeltern den Eltern ein zinsloses Darlehen zur Verfügung stellten. Die Großeltern wandten sich in der Folgezeit an das zuständige Jugendamt und trugen Vorwürfe und Bedenken im Hinblick auf die Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern vor. Nachdem die leiblichen Eltern daraufhin den Umgang mit ihren Kindern ablehnten, stellten die Großeltern einen Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechts. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen.
Der BGH gelangt zu dem Ergebnis, dass der Umgang von Großeltern mit dem Kind regelmäßig nicht seinem Wohl dient, wenn die – einen Umgang ablehnenden – Eltern und Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt gerät. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Erziehungsvorrang von Verfassungs wegen den Eltern zugewiesen ist. In dem Moment, in dem zu befürchten ist, dass Großeltern diesen Erziehungsvorrang missachten, kann nicht von einer Kindeswohldienlichkeit des Umgangs ausgegangen werden.
Der BGH beachtete auch, dass grundsätzlich Bindungen zwischen den Kindern und den Großeltern existierten, woraus nach Auffassung des BGH jedoch keine positive Vermutung der Kindeswohldienlichkeit hergeleitet werden kann. Dies insbesondere unter Berücksichtigung der erheblichen Zerwürfnisse zwischen Eltern und Großeltern.
Im Ergebnis wurde den Großeltern demnach kein Umgangsrecht zugesprochen.
Diese Entscheidung des BGH ist die erste zur Vorschrift des § 1685 Abs. 1 BGB seit der Einführung dieser Norm im Jahre 1997. Mit dieser Entscheidung hat der BGH mehrere umstrittenen Fragen, insbesondere prozessualer Art, geklärt.
Alle Betroffenen - seien es Eltern oder Großeltern – die sich mit Problemen im Umgangsrecht konfrontiert sehen, sollten die Beratung eines Fachanwalts für Familienrecht in Betracht ziehen, um einen Überblick über die Möglichkeiten und Risiken in ihrem konkreten Fall gewinnen zu können.